Via Tomorrow consulting
ESG Einblicke
Justus Fischer - Founder and Managing Director of Via Tomorrow
Justus Fischer
Partner
Via Tomorrow

Justus war mehrere Jahre in den Bereichen ESG und IR bei einer etablierten Investor Relations-Beratung tätig, bei der er die ESG-Practice mitaufgebaut und geleitet hat.

Bei Via Tomorrow konzentriert er sich nun voll und ganz auf ESG. Sein Credo: kein zielloses ESG-Blabla, sondern messbare ESG-Ergebnisse für die Klienten.

Die 5 wichtigsten ESG-Indikatoren

Die Liste der ESG-Anforderungen aus den unterschiedlichsten Quellen ist lang und wird immer länger – und unterscheidet sich stark von Branche zu Branche. Wir beschränken uns deshalb auf die fünf wichtigsten quantitativen ESG-Indikatoren für jedes Unternehmen: Wer dazu sprechfähig ist, hat bereits einiges gewonnen.

Ratingagenturen wie MSCI, Sustainalytics oder ISS analysieren hunderte ESG-Datenpunkte eines Unternehmens. Hinzu kommen noch die umfangreichen Anforderungen von Standards und Frameworks wie GRI, SASB und TCF – von den gesetzlichen Vorgaben noch ganz zu schweigen. Gerade Unternehmen, die erst mit dem ESG-Reporting starten, können anhand dieser Fülle an Erwartungen schnell überfordert sein: wo in diesem Anforderungswust überhaupt beginnen?

Deshalb liste ich im Folgenden die fünf ESG-Indikatoren auf, die für jedes Unternehmen am relevantesten sind – und zwar unabhängig von der Branche. Und gebe kurze Hinweise, worauf man sich jeweils fokussieren sollte:

1)  Absoluter Energieverbrauch

Der absolute Energieverbrauch eines Unternehmens berechnet sich aus dem Stromverbrauch, dem Heizenergieverbrauch (zumeist Erdgas) sowie dem Energieverbrauch aus Kraftstoffen (z.B. für die eigene Transport- und Dienstwagenflotte). Die Summe dieser Verbräuche für ein Gesamtjahr wird üblicherweise in MWh (seltener: in GJ) angegeben und kann als „Energieintensität“ ins Verhältnis zum Gesamtumsatz gesetzt werden.

Der Strom- und Erdgasverbrauch kann ohne größere Probleme über die Abrechnungen der Energieprovider berechnet werden. Die einzige Herausforderung: Abrechnungen lassen manchmal länger auf sich warten. Unternehmen, die bereits im März oder April ihr ESG-Reporting veröffentlichen, sollten deshalb frühzeitig mit ihren Energie-Providern in Kontakt treten, um die Jahresabrechnungen rechtzeitig zu erhalten.  

Knifflig gestaltet sich die Berechnung des Energieverbrauchs aus (flüssigen) Kraftstoffen, da es hierbei meist keine zentralisierte Datenerfassung gibt. Viele Unternehmen lassen diesen Punkt in ihrer Energieverbrauchsdarstellung deswegen aus, auch wenn sie damit kein zu 100% vollständiges Bild ihres Energieverbrauchs darstellen.

Mit dem absoluten Energieverbrauch sind weitere ESG-Indikatoren eng verwandt. Dazu gehören zum Beispiel Angaben zum Anteil selbst produzierter Energie am Gesamtenergieverbrauch (z.B. aus eigenen Solaranlagen) sowie der Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch.

2)  Absolute CO2-Emissionen

Wahrscheinlich DER ESG-Indikator schlechthin sind die CO2-Emissionen eines Unternehmens. Das gilt unabhängig davon, ob das eigene Geschäftsmodell überhaupt CO2-intensiv ist oder nicht: Die allermeisten Stakeholder erwarten hierbei Zahlen.

Strenggenommen handelt es sich aber um drei Zahlen: nämlich um die drei Scopes nach dem internationalen Greenhouse Gas (GHG) Protocol:

  • Scope 1: CO2-Emissionen eines Unternehmens aus der direkten Geschäftstätigkeit (z.B. Emissionen der Dienstwagenflotte)
  • Scope 2: indirekte CO2-Emissionen eines Unternehmens aus dem Bezug von Strom (z.B., wenn es sich um Kohle-Verstromung handelt)
  • Scope 3: indirekte CO2-Emissionen eines Unternehmens aus der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette (z.B. Abbau von Rohstoffen, Verkauf hergestellter Waren)

Scope-1-Emissionen sind mithilfe etablierter Berechnungsverfahren und -Agenturen recht einfach zu berechnen, genau wie Scope-2-Emissionen, die sich aus dem bezogenen Strommix ergeben. Für Scope-3-Emissionen sind jedoch häufig komplexere Berechnungsmodelle und mehr Daten nötig. Deswegen sind für Scope 3 laut dem ESG-Standard des WEF auch Schätzungen ausreichend.

In puncto CO2 spielen auch konkrete Ziele und das Thema CO2-Neutralität eine Rolle.

So setzen sich immer mehr Unternehmen CO2-Reduktionsziele mithilfe der Science Based Targets. Diese Ziele sind häufig ambitioniert, weil sie in Einklang mit dem 1,5°C-Ziel des Pariser Klimaabkommens stehen sollen. Die Belohnung sind positive Bewertungen in neuartigen Klimaerwärmungs-Scores, z.B. von MSCI oder Arabesque.

Beim Thema CO2-Neutralität setzen die meisten Unternehmen aktuell auf den Ausgleich bestehender CO2-Emissionen. Dafür kaufen sie Zertifikate von Drittanbietern, die belegen sollen, dass an anderer Stelle CO2 in gleicher Höhe eingespart wurde. Allerdings steht diese Praktik, die einem Ablasshandel gleichkommt, immer häufiger als unwirksam in der Kritik.

3)  Frauenanteil im Unternehmen

Einer der geradlinigsten ESG-Indikatoren überhaupt: Wie hoch war der prozentuelle Anteil von Frauen und Männern im zurückliegenden Berichtszeitraum? Doch Vorsicht: während HR-Abteilungen diese Information meist sehr schnell aus den internen Systemen fischen können, birgt diese Zahl auch immer eine gewisse Sprengkraft. Das gilt vor allem dann, wenn sie eher niedrig ist – was vor allem in einigen eher „männerdominierten“ Branchen der Fall ist. „Betroffene“ Unternehmen sollten deshalb ihre Frauenquote immer im Branchenvergleich zeigen.  

Eine plausible Darstellung des Plans, den Anteil von Frauen im Unternehmen zukünftig zu erhöhen, wird von Stakeholdern ebenfalls gerne gesehen – beispielsweise durch gezielte Maßnahmen zur Steigerung des Anteils weiblicher Bewerberinnen.

Vorbildliche Unternehmen geben darüber hinaus den Frauenanteil auf den ersten beiden Führungsebenen sowie im Aufsichtsrat an. Für letzteren gilt in Deutschland bereits seit 2016 eine Frauenquote von 30% für große börsennotierte und mitbestimmungspflichtige Unternehmen.

4)  Trainingsstunden je Mitarbeiter

Auch dieser Sozialindikator ist recht selbsterklärend, allerdings etwas schwieriger zu erheben als der Frauenanteil. Der Grund: Trainingsstunden werden häufig nicht genau getrackt.

Dabei sieht WEF Trainingsstunden je Mitarbeiter als einen der wichtigsten Indikatoren für alle Unternehmen, um das Bemühen in die Weiterentwicklung der Mitarbeiter zu unterstreichen. Unternehmen sollten deshalb in einem ersten Schritt zumindest gut begründete Schätzwerte zu Trainingszeiten angeben.

Eng verwandt mit diesem Indikator sind die Weiterbildungsausgaben pro Mitarbeiter, die von Standards und Frameworks meist im gleichen Atemzug wie die Trainingsstunden abgefragt werden.

5)  ESG als Teil der Managementvergütung

Zugegeben: dieser Indikator ist noch kein Must-Have für Unternehmen. Es zeigt aber ein klares ESG-Commitment des Vorstands, wenn ESG Teil seiner Vergütung ist. Entsprechend positiv honorieren Investoren und Ratingagenturen diesen ESG-Indikator.

Worum geht es genau? Immer mehr Unternehmen machen die Erreichung konkreter ESG-Ziele zum Teil des variablen Bestandteils der Vorstandsvergütung. Konkrete Ziele können dabei z.B. ein bestimmter, möglichst geringer CO2-Ausstoß (BASF) sein oder der Anteil nachhaltiger Artikel am Produktangebot (Adidas).

Entsprechend wächst auch der Druck auf kleinere börsennotierte Unternehmen, mittelfristig sinnvolle ESG-Bestandteile in der Vorstandsvergütung zu etablieren – und anschließend transparent im Vergütungssystem zu kommunizieren.


Sie möchten die fünf erwähnten (und zahllosen weiteren) ESG-Indikatoren effektiv in ihrem Unternehmen sammeln und fest im Reporting etablieren?
Dann nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf und erfahren Sie, wie wir Sie hierbei effektiv unterstützen können.

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