Via Tomorrow consulting
ESG Einblicke
Helen Geyer, Mitarbeiterin bei Via Tomorrow
Helen Geyer
Expertin
Via Tomorrow

Helen war mehrere Jahre für verschiedene öffentliche Institutionen tätig mit einem Fokus auf Klimapolitik und Nachhaltigkeitskommunikation.

Für Via Tomorrow behält sie aktuelle politische ESG-Entwicklungen und -Anforderungen im Blick und bereitet sie verständlich und pointiert auf.

Behind the Indicator: Der UN Global Compact

Als die „weltweit größte und wichtigste Initiative für nachhaltige und verantwortungsvolle Unternehmensführung“ beschreibt sich der UN Global Compact (UNGC) selbst. Mit weit über 20.000 teilnehmenden Unternehmen und weiteren Organisationen aus knapp 160 Ländern hat der UNGC ein weltweites Netzwerk gebildet, um sich unter anderem für Menschenrechte und gegen Korruption einzusetzen. Doch was bringt diese Mitgliedschaft beim UNGC? Und wozu verpflichten sich Unternehmen dabei?

Am 20. November 2022 endete die 27. Conference of Parties, die Klimakonferenz der Vereinten Nationen im ägyptischen Sharm El-Sheikh. Die Ergebnisse der internationalen Konferenz mit Repräsentant:innen aus mehr als 100 Ländern waren leider wenig ertragreich. Neben dem „Loss and Damage Fund“, also finanzielle Unterstützung für Länder, die von extremen Wetterbedingungen getroffen und zerstört wurden, gab es kaum nennenswerte Erfolge. Doch neben den Bemühungen der Vereinten Nationen, auf politischer Ebene Entscheidungen zu treffen, gibt es auch Initiativen, die aktiv auf Unternehmen abzielen. Dazu gehört unter anderem der Global Compact der Vereinten Nationen (UNGC).

Was ist der UN Global Compact?

Im Jahr 1999 rief der damalige UN-Sekretär Kofi Annan den Global Compact auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos ins Leben. Die UN-Mitglieder sollten „einen globalen Pakt gemeinsamer Werte und Prinzipien initiieren, der dem globalen Markt ein menschliches Gesicht gibt“. Daraus entstanden zehn Prinzipien, nach denen der UN Global Compact bis heute arbeitet. Die Prinzipien sind unterteilt in die Themen Menschenrechte, Arbeit(srecht), Umwelt und Anti-Korruption. Die Prinzipien orientieren sich auch an den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen. Mittlerweile sind weit über 20.000 Organisationen aus mehr als 160 Ländern Mitglied des Netzwerks. Das Ziel des UNGC ist es, dass Unternehmen freiwillig Verantwortung übernehmen und so zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen in ihrer Branche beitragen. Der UNCG bietet eine Plattform für die teilnehmenden Unternehmen, um an Veranstaltungen teilzunehmen, sich auszutauschen und voneinander zu lernen.

Was muss ich tun, um als Unternehmen Teil des UN Global Compact zu werden?

Der UN Global Compact ist eine freiwillige Selbstverpflichtung für Unternehmen. Wer Teil des UNGC werden möchte, muss eine an den UN-Generalsekretär adressierten „Verpflichtungserklärung“ (Letter of Commitment) schreiben. Darin verpflichtet sich das Unternehmen dazu, die zehn Prinzipien des UNGC einzuhalten und einen positiven Beitrag zu den SDGs zu leisten. Die Verpflichtungserklärung muss von der Geschäftsführung unterschrieben sein. Außerdem muss noch ein Online-Beitrittsantrag ausgefüllt werden, der unter anderem Informationen zur Mitarbeitendenzahl, den Jahresumsätzen und den Kontaktdaten einer Ansprechperson abfragt.

Nach einer erfolgreichen Prüfung ist das Unternehmen Teil des UN Global Compact und wird gleichzeitig Mitglied des jeweiligen Landesnetzwerks, beispielsweise dem Global Compact Netzwerk Deutschland.

Je nach Unternehmensumsatz muss jährlich ein finanzieller Mitgliedsbeitrag entrichtet werden. Außerdem müssen die teilnehmenden Unternehmen jährlich einen Fortschrittsbericht über ihre Bemühungen zur Einhaltung oder Verbesserungen in den Bereichen der zehn Prinzipien des UNGC einreichen. Diese „Communication on Progress“-Berichte (COP) werden auf der Website des UNGC veröffentlicht. Das müssen aber nicht zwingend neu erstellte Berichtsformate sein; gerade größere Unternehmen reichen hier häufig einfach ihren jährlichen Nachhaltigkeitsbericht ein.

Vorteile einer UNGC-Mitgliedschaft

Der UNGC wirbt für einen Beitritt mit dem eigenen Beitrag zu einer „gerechten und nachhaltigen Weltwirtschaft“. Auch der Netzwerkgedanke steht im Fokus: So können Mitgliedsunternehmen vom lokalen UNGC-Netzwerk profitieren, an Events und Konferenzen teilnehmen und wertvolle Partnerschaften schließen. Darüber hinaus bietet der UNGC verschiedene Lernmöglichkeiten wie Leitfäden, Trainings und Tools, an. Mit diesen Lernoptionen können teilnehmende Unternehmen Lösungen auf sich individuell anpassen und anwenden, um die zehn Prinzipien einzuhalten und sogar darüber hinauszugehen.

Außerdem hat der UNGC eine große Symbolwirkung. Durch die freiwillige Verpflichtung können Unternehmen ihr Verantwortungsbewusstsein für Umwelt und Soziales noch besser unterstreichen. Und in mehreren führenden ESG-Ratings – beispielsweise bei ISS und Sustainalytics – hat eine Teilnahme einen positiven direkten und indirekten Effekt und kann das Rating eines Unternehmens um mehrere Prozentpunkte verbessern.

UNGC eine zahnlose Initiative?

Doch der UN Global Compact bleibt nicht ohne Kritik. Bereits zu Beginn der Initiative kritisierten NGOs wie Greenpeace oder Oxfam, dass diese freiwillige Selbstverpflichtung nur die Debatte um die Etablierung von verbindlichen Institutionen verzögern und verwaschen würde. Außerdem wurde schon von Anfang an die fehlende rechtliche Durchsetzung kritisiert. Schließlich ist der UNGC lediglich eine freiwillige Initiative, die keinerlei Sanktionsmöglichkeiten hat, abgesehen von einem Ausschluss aus der Initiative. Dies ist auch bis heute, also 20 Jahre nach der Etablierung, weiterhin der Fall. Darüber hinaus werden auch die teilnehmenden Industrien kritisiert – so wird zwar Tabak ausgeschlossen, aber Rüstungsunternehmen können ihre Aktivitäten als „nachhaltig“ labeln

Bei aller Kritik bleibt jedoch die Frage offen, ob der UNGC eigentlich erfüllen kann, was die Kritiker:innen von ihm fordern: mess- und vergleichbare Verpflichtungen für Unternehmen, sich ihrer ökologischen und sozialen Verantwortung bewusst zu werden und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Denn eigentlich kann von einer freiwilligen Mitgliedschaft nicht verlangt werden, rigoros kontrolliert und entsprechend sanktioniert zu werden. Vielmehr wären dafür geltende Gesetze und Regulationen notwendig, um dies durchzusetzen. Und so bleibt der Global Compact der Vereinten Nationen zwar eine gute, wenngleich auch kritisch zu betrachtende, Möglichkeit für Unternehmen, Ambitionen in Umwelt- und Sozialbelangen öffentlichkeitswirksam darzulegen und regelmäßige Berichterstattung darüber zu leisten.


Sie haben sich eine Teilnahme an UN Global Compact überlegt, wissen aber noch nicht, wie Sie genau dabei vorgehen sollen? Melden Sie sich gerne bei uns – wir begleiten Sie dabei Schritt für Schritt!

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